April 2025

Tina Strobel-Rother, Creative Director Büro Alba Wir gestalten Marken, die bleiben. Keine Werbekampagnen, die verblassen

Büro Alba in München zählt zu den führenden Kreativagenturen, wenn es darum geht, Marken eine starke, gesellschaftlich relevante Identität zu verleihen. Im Interview spricht Creative Director und Inhaberin Tina Strobel-Rother über ihren Weg in die Kreativbranche, Meilensteine ihrer Arbeit und die besonderen Herausforderungen im öffentlichen Sektor.

BI: Vielen Dank Frau Strobel-Rother, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Sie sind Creative Director und Managing Partner bei der Kreativagentur “Büro Alba” in München. Was genau macht eine Kreativagentur wie Ihre?

TSR: Vielen Dank für die Einladung, ich freue mich sehr über das Gespräch. Der Fokus von Büro Alba liegt auf strategischer Beratung und Designentwicklung für Marken, die einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Wir erschaffen visuelle Identitäten für und mit Organisationen und Unternehmen aus Bereichen wie Forschung, Bildung oder Technologie. So ein Transformationsprozess beginnt bei uns mit strategischer Arbeit. Das heißt mit Workshops zur Definition von Werten, Zielen, Zielgruppen etc. und darauf aufbauend enstehen dann alle Elemente, die so ein Kommunikationsbaukasten braucht. Angefangen vom Logo und der Bildwelt über die Website bis hin zu Social Media Kampagnen, digitalen Plattformen oder Ausstellungen.

Wie ist Ihr persönlicher beruflicher Werdegang?

Angefangen habe ich mit einem Germanistikstudium in München, bis ich den Studiengang Kommunikationsdesign entdeckt habe. Design habe ich wirklich noch von der Pike auf gelernt: mit Rubbelbuchstaben, Copic-Stiften und Layoutpapier. Erst im dritten Semester bekam ich meinen ersten Computer – einen Apple Macintosh, den wir damals irgendwo im Hinterhof eines Augsburger Gewerbegebiets gekauft haben. Das war mein ganzer Stolz. Und ich hatte sogar eine Festplatte mit 1,2 Gigabyte Speicherplatz! Wenn ich mir überlege, mit welchem technischen Equipment wir heute arbeiten – insbesondere angesichts des Rechenleistungsbedarfs aktueller KI-Tools – hat sich im Laufe meiner Laufbahn doch einiges verändert.

Nach dem Studium habe ich zunächst freiberuflich für einige große Agenturen und Auftraggeber:innen in München, Zürich und Hamburg gearbeitet. Relativ schnell wurde mir klar, dass ich gerne ein eigenes Studio gründen wollte. Ausgerechnet als die Dotcom-Blase platzte und die Zeiten denkbar ungünstig waren, gründete ich 2004 gemeinsam mit meinem heutigen Mann und einem Freund unser Büro. Prompt ging dann unser erster Kunde, ein Radiosender, in die Insolvenz – wir blieben auf unseren Honorarforderungen und einer Klage sitzen.

Seither ist viel passiert. Ich habe in den letzten 20 Jahren unglaublich viele Erfahrungen gesammelt, zwei Töchter bekommen und gemeinsam mit meinem Mann verschiedene Modelle gleichberechtigter Arbeitsteilung ausprobiert und gelebt. Ausserdem haben wir natürlich viele großartige Projekte gestemmt. Ich bin auf meinem Werdegang wundervollen, inspirierenden Menschen begegnet und habe viel darüber gelernt, wie Marken und die Unternehmen dahinter wirklich ticken. Ein Erfahrungsschatz, den ich heute mit Freude in die Projekte bei Büro Alba einbringe.

Ihre Agentur war auch bereits mehrmals für einen Designpreis nominiert und hat mehrere Auszeichnungen erhalten. Worauf sind Sie am meisten stolz?

Ein Meilenstein war sicherlich das Erscheinungsbild der Akademie der Bildenden Künste in München vor über zehn Jahren – es wird bis heute verwendet und hat uns auch international viel Anerkennung eingebracht.
Ein Projekt, das mir aktuell sehr am Herzen liegt, ist das neue Corporate Design für die Münchner Stadtbibliothek, das wir entwickelt haben. Die zentrale Herausforderung war: Wie gestaltet man einen Markenauftritt für eine Institution, die allen gehört? Und wie bringt man dabei die Identität eines der größten Bibliothekssysteme Deutschlands auf den Punkt, ohne sich in Details zu verlieren?
Genau dieser Spagat hat uns gereizt und ich bin stolz darauf, dass wir da in der Markenentwicklung neue Wege gehen konnten. Entstanden ist ein klares, flexibles und visuell starkes Designsystem, das Vielfalt sichtbar macht und gleichzeitig den Arbeitsalltag der Teams intern in der Institution erleichtert.

Was war das bisher außergewöhnlichste oder kurioseste Projekt, das Sie umgesetzt haben?

Außergewöhnlich war sicher die Curvy-Supermodel-Kampagne für RTLZWEI. Die Grundidee für das TV-Format bestand darin, einen Gegenpol zum Blick auf den weiblichen Körper in den Medien zu setzen. Leider ist das Format gefloppt. Aber die Kampagne war groß angelegt und in ganz Deutschland zu sehen – mit tollen Curvy-Models, die beim Shooting großartig performt haben.
Heute konzentrieren wir uns in unserer Agentur auf die Entwicklung von Branding und Corporate Design und realisieren keine großen Werbekampagnen mehr. Das Know-how aus dieser Zeit – von aufwendigen Shootings bis zur lauten Kommunikation für die Entertainmentbranche – fließt dabei natürlich in unsere Arbeit ein.

Wie schätzen Sie die Marktsituation in Ihrer Branche derzeit ein? Gerade der öffentliche Sektor, für den Sie vorrangig arbeiten, muss preisbewusste Entscheidungen treffen.

Gerade höre ich schon viele Klagen aus der Branche und von Agenturen, die ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Die aktuelle Marktsituation in unserer Branche ist durchaus von Herausforderungen geprägt. Es stimmt, aktuell arbeiten wir viel für den öffentlichen Sektor und das ist ein spannender Bereich für uns. Da Wissenskultur einer der wichtigen Zukunftstrends ist, sehen wir hier auch ein großes Aufgabenfeld auf uns zukommen. Allerdings arbeiten wir auch viel für mittelständische Unternehmen. Für beide Bereiche gilt, dass am Ende meistens die Qualität und Erfahrung der Agentur über den Zuschlag entscheiden. Gerade bei einer Markenentwicklung steckt auf Kund:innenseite immer eine Menge Invest drin, weder öffentliche Institutionen noch Unternehmen können sich da große Experimente leisten. Idealerweise entwickelt sich eine vertrauensvolle Partnerschaft, die langfristig funktioniert und damit einen echten Mehrwert liefert und am Ende Ressourcen spart.

Vielleicht können Sie uns noch einen Einblick in die Preispolitik einer Kreativagentur geben?

Gerne! Wir arbeiten mit Paketen – also einer Art Baukastensystem, aus dem sich die Kund:innen genau das zusammenstellen können, was sie wirklich brauchen – zum Beispiel Workshops zu verschiedenen Themen oder bestimmte Designleistungen. Die Preise dafür sind fix und orientieren sich an unserem Zeitaufwand, berücksichtigen aber auch Aspekte wie die gewünschte Qualität, die Nutzungsrechte und die Größe des Unternehmens oder der Institution. Natürlich spielt es eine Rolle, ob wir mit einem kleinen Start‑up oder einer großen Institution sprechen. Am Ende soll es fair und transparent für beide Seiten sein.

Im Gespräch mit Tina Strobel-Rother wird deutlich, wie viel Erfahrung, Feingefühl und Pragmatismus in guter Markenarbeit stecken. Erfolgreiche Marken entstehen nicht durch schnelle Trends, sondern durch echtes Verständnis für Menschen und ihre Bedürfnisse. Gerade in Zeiten des schnellen Wandels gewinnt eine langfristige Perspektive an Bedeutung. Vermutlich liegt die Zukunft erfolgreicher Marken genau darin: klar, flexibel und nahbar zu bleiben.

Das Interview haben wir im April 2025 geführt.


Weitere Infos:
  Website Büro Alba
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