Johannes Reimann ist Inhaber der sinngold Online Marketing Agentur in Augsburg und beteiligt sich an verschiedenen Online Projekten und Start-Ups im In- und Ausland. Wir haben uns mit ihm getroffen um über rund 20 Jahre Erfahrung im Online Geschäft aber auch über neue Zukunftschancen im Digital Marketing zu sprechen.
BI: Hallo Johannes, schön, dass du Zeit für uns hast. Wir duzen uns ja. Du bist Inhaber der sinngold GmbH & Co. KG, einer Agentur für Online-Marketing in Augsburg. Aber du arbeitest auch noch an weiteren Projekten. Kannst du uns zunächst kurz deinen beruflichen Werdegang beschreiben?
JR: Vielen Dank für die Einladung! Das ist eine längere Geschichte. Es begann eigentlich mit einem Hobby: Bereits Ende der 90er Jahre habe ich damit begonnen, einfach so zum Spaß Webseiten zu erstellen. Später kamen dann erste Aufträge für Kunden dazu. Wir sprechen hier von der Zeit, als Internetanbieter noch AOL und Suchmaschinen noch AltaVista und Fireball hießen. Yahoo gab es auch noch und erst später kamen Google und Bing dazu. Mir wurde dann klar, dass es sinnlos ist, eine schöne Internetseite zu haben, wenn sie keiner findet. Deswegen habe ich mich damit beschäftigt, wie man Webseiten in Suchmaschinen und Produkte in Verkaufsplattformen möglichst weit oben positionieren kann. Gleich nach dem Studium konnte ich mich dann an einem Online Start-Up in Italien beteiligen. Das war eine spannende Zeit, mit allen Ups und Downs.
Dass ich dann auch noch vier Jahre lang in einer großen Online Marketing Agentur gearbeitet habe, war dadurch irgendwie vorgezeichnet. Aber mir wurde schnell klar, dass ich mit einer eigenen Agentur meinen Kunden einen ganz anderen, aus meiner Sicht besseren, Service bieten kann.Wie kam es dazu, dass du sinngold gegründet hast? Und was bietet ihr an?
Die Agentur sinngold habe ich zusammen mit einem Partner im Jahr 2014 gegründet. Unser Vorstellungen waren ähnlich und unser Know-How hat sich gut ergänzt. Zu Beginn waren unsere Schwerpunkte Suchmaschinenoptimierung und Suchmaschinenwerbung. Mit der Zeit hat sich unser Angebot erweitert, wir sind aber kein “Bauchladen”, der alles macht. Unser Fokus liegt in den Bereichen SEO, Google Ads, Erstellung von Websites, Content Creation, Web-Tracking und inzwischen auch KI im Online Marketing, denn in diesen Themen sind wir nach rund 20 Jahren Erfahrung einfach Profis. In diesem Zusammenhang beraten wir unsere Kunden z.B. auch welches CMS oder Shop-System am besten geeignet ist, welche Instrumente zur Lead-Generierung rentabel sind, für welche Kanäle das Marketing Budget eingesetzt werden sollte usw. Wichtig für uns ist auch unser großes Netzwerk an professionellen Partnern, über das wir bei Bedarf viele weitere Leistungen für unsere Kunden bereitstellen können.
Was unterscheidet euch von anderen Online Marketing Agenturen?
Wir halten uns nicht mit zeitaufwändigen “Hochglanz”-Präsentationen auf, sondern arbeiten operativ eng mit unseren Kunden zusammen, um deren Online Marketing pragmatisch zu verbessern. Durch unser eigenes technisches Verständnis haben wir in der Regel einen guten Draht zur Web-Technik oder betreuen die Kundenwebseite gleich selbst. Hinzu kommt, dass wir uns keinen teuren Vertrieb, hohe Management-Gehälter, tolle Büroräumlichkeiten, Messeauftritte usw. leisten. Das schlägt sich letztendlich in den Stundensätzen nieder. Unsere Kunden bekommen meiner Meinung nach ein top Preis-Leistungs-Verhältnis. Größere Agenturen schicken ihre besten Mitarbeiter natürlich zu ihren wichtigsten Kunden. Hat man als Kunde beispielsweise ein kleineres Budget, bekommt man oft einen Berater mit weniger Erfahrung. Bei uns gilt hingegen der Leitsatz “Hier werden Sie vom Chef betreut”. Unsere Kunden bekommen immer die Expertise, die man erst nach vielen Jahren Erfahrung hat.
Erfahrung ist wichtig, aber im Online-Bereich verändert sich viel und die Welt scheint sich immer ein bisschen schneller zu drehen. Wie bleibt man hier am Puls der Zeit?
Ja, unsere Branche war schon immer sehr stark in Bewegung. Derzeit ändert sich auch rasant viel durch die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz. Der Datenschutz ist ein weiteres Beispiel. Es ist noch gar nicht so lange her, dass der Gesetzgeber ganz neue Anforderungen an die Technik und die Web-Analyse gestellt hat – Stichwort DSGVO. Man muss laufend am Ball bleiben, um rechtskonform genügend Daten für professionelles Online Marketing erheben zu können.
Weil es in unserem Business nicht die eine perfekte Lösung nach Handbuch gibt, sondern jede Herausforderung und jeder Kunde eine eigene Herangehensweise benötigt, bedeutet das für uns, dass wir uns ebenso ständig weiterentwickeln, dazu lernen, den Markt sehr genau beobachten und natürlich den Anspruch haben immer mit vorne dran zu sein.Welche Möglichkeiten der KI nutzt sinngold im Online Marketing?
Künstliche Intelligenz hat unsere Branche ganz schön umgekrempelt. Eigentlich ist KI gar nicht so neu. Neu ist, dass sie einfacher zugänglich und anwendbar ist und natürlich deutlich besser geworden ist. Wir nutzen die Möglichkeiten inzwischen täglich – angefangen bei Recherche und Ideenfindung über Content-Erstellung und Automatisierungen bis hin zum Schreiben von Code. Wir verwenden KI auch in Zusammenhang mit Online Marketing Tools und entwickeln mithilfe von Künstlicher Intelligenz sogar eigene Marketing Software.
Gerade arbeiten wir an einer Lösung, bei der wir mit unternehmensspezifischen Trainingsdaten arbeiten. Das Wichtigste ist, KI nicht als Allheilmittel zu betrachten, sondern sie möglichst sinnvoll und effektiv einzusetzen.Wagen wir einen Blick in die Zukunft. Was glaubst du, wie wird sich dein Business und überhaupt der Bereich des Online Marketings durch immer bessere KI-Tools verändern?
Es wird neue Chancen geben, wie man mit dem eigenen Unternehmen im Internet sichtbar und findbar wird. Auch die Suche im Internet wird sich sicherlich weiterentwickeln. In vielen Fällen bekommen Nutzer ja jetzt schon die Antwort auf ihre Suchanfragen direkt auf der Suchergebnisseite angezeigt und müssen gar nicht mehr auf ein Ergebnis klicken. Ich denke, zukünftig werden immer mehr KI generierte Ergebnisse dazu kommen. Bing hat damit ja bereits früh angefangen. Das Nutzerverhalten wird sich auch ändern. Immer mehr User verwenden für die Recherche inzwischen ChatGPT oder andere KI-Tools anstatt sich durch klassische Suchergebnisse zu klicken. Auch Amazon wird für die Produktsuche neue Ideen für KI generierte Inhalte und Produktempfehlungen vorantreiben. Ich gehe auch davon aus, dass sich Suche, KI und Sprachassistenten immer mehr verzahnen.
Also wird der KI-Hype immer weiter gehen?
Es gibt auch gegenläufige Tendenzen, die den KI-Hype etwas bremsen könnten. Erst kürzlich habe ich von einer amerikanischen Studie mit Bilddaten gelesen, bei der ein KI-Modell mit Trainingsdaten gefüttert wurde, die selbst KI-generiert waren. Nach mehreren Schleifen wurden die generierten Bilder immer schlechter und fehlerhaft. Die Ergebnisse können auch verfälscht sein, wenn Trainingsdaten nicht objektiv verfügbar sind. Sucht man in der Google Bildersuche z.B. nach dem Begriff “Alpen” bekommt man fast nur Bilder von Bergen vor strahlend blauem Himmel zu sehen. Ein KI-Modell, das mit diesen Daten trainiert wurde, könnte zum Schluss kommen, dass in den Bergen immer gutes Wetter und Sonnenschein herrschen. Tatsächlich passiert inzwischen beides. Wir fluten das Internet mit KI generierten Inhalten, die in einigen Fällen auf idealisierten Trainingsdaten basieren. Gleichzeitig können auch viele Nutzer KI-Texte nicht mehr von Texten unterscheiden, die Menschen geschrieben haben. Ich denke, wir werden zukünftig vermehrt über Kennzeichnungspflichten für KI-Inhalte sprechen.
Das klassische Agenturgeschäft ist noch nicht alles. Dir gehen die unternehmerischen Ideen so schnell nicht aus und du kannst dich für verschiedene Projekte begeistern.
Das stimmt. Neben dem klassischen Agenturgeschäft entwickeln wir auch eigene Projekte. Zum Beispiel betreiben wir eigene Websites oder Portale. Auch diese Website haben wir ja mitentwickelt. Besonders begeistert mich auch immer, wenn ich mit Partnern ein etabliertes Geschäft der alten offline Welt sozusagen ins Internet übertragen und daraus ein überregionales digitales Business kreieren kann. Ich hatte das Glück, das schon ein paar Mal begleiten zu dürfen. Ein konkretes aktuelles Beispiel dafür ist der Vertrieb von Werbeanlagen. Dazu könntet ihr ja mal meinen Partner interviewen!
Die praktischen Erfahrungen aus diesen Projekten kommen natürlich auch unseren Kunden zugute, da wir viel Neues ausprobieren und positive Ergebnisse teilen können.Zusammengefasst, was liebst du an deinem Job und was bereitet Schwierigkeiten?
Ich mag an meiner Arbeit, dass ich mit den unterschiedlichsten Unternehmen und Branchen zu tun habe. Da gibt es immer wieder andere Schwerpunkte und neue Herausforderungen, es wird also nie langweilig. Im Gegensatz zu einem klassischen offline Job hat die Arbeit an online Projekten oft eine viel größere Zielgruppe also einen überregionalen oder sogar internationalen Bezug. Ich finde es immer wieder spannend dass ich mit entsprechenden Skaleneneffekten ein Business voranbringen oder ein neues Start-Up aufbauen kann. Und mir gefällt auch, dass ich örtlich und zu einem gewissen Grad auch zeitlich nicht gebunden bin. Das gibt mir die Möglichkeit immer wieder neue inspirierende Menschen und Projekte in ganz Europa kennen zu lernen.
Natürlich gibt es auch Dinge, die nicht so toll sind. Die Bürokratie ist in Deutschland eine Belastung. Und leider habe ich für manch eigene Idee weniger Zeit als ich bräuchte.
Du bist sozusagen Experte im Gründen von Start-Ups. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Punkte, über die jemand nachdenken sollte, bevor er oder sie ein Start-Up gründet?
Ich kann natürlich vor allem von Start-Ups der Online Branchen sprechen. Man sollte sich vorab unbedingt folgende Fragen beantworten: Was kann ich selbst wirklich gut? Und was motiviert mich? Digitales Verständnis und digitales Können sollten unbedingt dabei sein. Ein neues Start-Up muss einen Mehrwert bieten oder ein Problem für andere lösen. Dabei ist es wichtig abzuschätzen, ob es für die eigene Geschäftsidee überhaupt einen Markt gibt. Das Besondere an einem Online Start-Up ist, dass es zwar oft niedrige Markteintrittsbarrieren hat, z.B. muss ich vielleicht keine teuren Maschinen kaufen oder große Gebäuden mieten, aber die Online-Welt tickt anders als das klassische Geschäftsleben. Immer mehr Branchen erfahren online eine deutliche und rasche Monopolisierung. Hotels bucht man auf booking.com, man „googelt“ auf Google und Musik spielt auf Spotify. Das waren jetzt Beispiele von Big Playern, aber es geht darum, die richtige Nische oder Alleinstellung zu finden um Entwicklungspotential zu haben. Bei direkt vergleichbaren Produkten herrscht online ein enormer Preiskampf. Ist man preislich nicht konkurrenzfähig, wird es vermutlich nicht klappen. In Branchen, bei denen Produkte oder Dienstleistungen nicht direkt vergleichbar sind, sondern es qualitative oder ästhetische Unterschiede gibt, besteht hingegen meist ein größerer Aufwand an den richtigen Stellen sichtbar zu werden und auch ein höherer Erklärungsbedarf. In der schnellen Online-Welt ist das nicht immer leicht abzubilden. Umso wichtiger ist es, eigene Alleinstellungsmerkmale klar und prägnant herauszuarbeiten. Online gewinnt nicht immer der Größte, sondern häufig der Schnellste.
Es geht also um eigenes digitales Know-How, Motivation und die richtige Idee?
Ja richtig, aber nicht nur. Daneben sind auch ein gutes Netzwerk und je nach Geschäftsidee die richtigen Partner sehr wichtig. Ich habe übrigens immer gute Erfahrungen damit gemacht, auch mal Know-How oder nützliche Infos mit Geschäftskollegen und Kolleginnen zu teilen, auch wenn sie vielleicht Mitbewerber sind. Ebenso kann man Gleichgesinnte sogar in das ein oder andere Projekt mit einbeziehen oder eine Leistung ohne Gegenleistung erbringen. Dieses Geben fällt in den meisten Fällen positiv auf und für mich haben sich daraus langjährige Partnerschaften entwickelt, von denen alle Beteiligten profitieren.
Und dann ist da noch das liebe Geld. Leider geht es heute fast nicht mehr ohne ausreichend Startkapital. Gründer sollten also eine detaillierte Budgetplanung aufstellen. Für zentrale USPs des eigenen Unternehmens sollte man nicht allzu viele Leistungen extern zukaufen müssen.Und noch ein letzter wichtiger Aspekt für alle, die sich selbständig machen wollen: Eine realistische Selbsteinschätzung ist wichtig. Dann kann man mit einer guten Idee, den richtigen Partnern und viel Drive online jede Menge erreichen!
Der berufliche Weg von Johannes Reimann verdeutlicht eindrucksvoll, dass Erfolg im Online-Business neben technischem Know-How und Innovation auch auf guten Partnerschaften und einem klaren Alleinstellungsmerkmal basiert. Wichtig ist es, am Puls der Zeit zu bleiben und sich neue Technologien schnell zu Nutze zu machen.
Das Interview haben wir im Oktober 2024 geführt.
Weitere Infos:Sinngold Online Marketing Agentur
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